Werner Neuhaus
Werner Neuhaus stehen in seinem kurzen Leben nur knappe 14 Jahre für die Malerei zur Verfügung. Sie reichen dennoch aus, ihn zu einem wichtigen Künstler in den Aufbruchsjahren der Schweizer Moderne zu machen. Sein Werk teilt sich in zwei grundverschiedene Phasen: Bis 1926 gehört er mit Albert Müller und Hermann Scherer zur Gruppe «Rot-Blau», der Avantgarde der Schweizer Expressionisten, später, nach einer tiefen Schaffenskrise, wird seine Malerei in erstaunlicher Weise konventionell. Aufgewachsen in Burgdorf, übersiedelt Werner mit der Familie 1910 nach Basel, wo er eine Lithografenlehre macht. 1920 nimmt er Zeichenunterricht an der Basler Kunstgewerbeschule, danach wird er Schüler von Cuno Amiet auf der Oschwand bei Herzogenbuchsee. Seine Impulse setzt er meisterhaft um, wie etwa im Porträt seines Bruders Rudolf um 1922 (im Besitz der Stadt Burgdorf). Die Ausstellung von Ernst Ludwig Kirchner in der Kunsthalle Basel 1923 ist für Neuhaus wie für seine Freunde Albert Müller und Hermann Scherer eine heftige Erschütterung. Müller und Scherer suchen sofort den persönlichen Kontakt zum berühmten Expressionisten in Davos, während sich Neuhaus zurückhält: Noch ist er mit Amiet verbunden, der auf der beschaulichen Oschwand bereits auf Distanz ist zu den Aufwallungen der Avantgarde. Auf der Leinwand aber entlädt sich auch bei Neuhaus die neue Energie: sprühende Farbe, harte Kontraste, ungestüme Pinselschrift. 1925 schliesst er sich mit Müller, Scherer und Paul Camenisch zur «Gruppe Rot Blau» zusammen. Im Mendrisiotto, wo sich Müller und Camenisch nieder- gelassen haben, entsteht in inspirierender Gemeinschaft ein herausragendes Kapitel der Schweizer Kunstgeschichte. Im selben Jahr findet in der Kunsthalle Basel die erste «Rot Blau»-Ausstellung statt. Aus dieser Zeit stammen auch die Holzschnitte der Sammlung Schwaar – es sind Nachdrucke der erhalten gebliebenen Druckstöcke.
1926 heiratet Neuhaus Hede Gfeller, die Tochter des Dichters Simon Gfeller. Ein Jahr später zieht das Paar ins Emmental, in unmittelbare Nähe zur Egg über Lützelflüh, wo der gefeierte Heimatdichter wohnt. Ob die Skepsis des Schwiegervaters gegenüber seiner expressionistischen Kunst, die vernichtende Kritik an der Basler Ausstellung oder aber die Einsicht in den Zeitgeist mit neuen Erwartungen an die Kunst den Ausschlag geben – Neuhaus‘ radikale Abkehr vom Expressionismus und sein konservativer Neuanfang bleiben ein dramatisches Ereignis in der Schweizer Kunstgeschichte. Neuhaus‘ neue Bildwelt aus seinem bäuerlichen Umfeld findet durchaus Beifall: Rudolf von Tavel sieht in Werner Neuhaus «einen neuen Propheten des Emmentals».
In der Sammlung Schwaar sind auch einige Blätter aus dieser zweiten Schaffensphase von Werner Neuhaus vertreten, die durch seinen plötzlichen Unfalltod 1934 viel zu früh endet.