Eugen Jordi
Die Künstler-Freunde Eugen Jordi und Emil Zbinden bilden in der Kunstsammlung Schwaars mit umfangreichen Werkgruppen einen Schwerpunkt. Beide orientieren sich nicht an zeitaktuellen stilistischen Trends, vielmehr ist ihr Blick auf den Alltag der Menschen gerichtet. Beide beginnen als «Schwarzkünstler», als Setzer und Drucker, und damit in prägender Nähe zur Welt der Arbeit und der Arbeiter.
Der Vater hatte 1897 in Belp eine kleine Druckerei gegründet. Eugen als jüngster von fünf Brüdern (später kommt noch eine Schwester dazu) muss neben der Schule in der Druckerei Handlangerdienste leisten. Sein 10 Jahre älterer Bruder Fritz wird auf seinen Wanderjahren in Deutschland mit dem Sozialismus bekannt. Als er zurückkehrt, werden die fünf Brüder, wie Jordi in seinen Erinnerungen schreibt, «bald die eifrigsten Sozialdemokraten», sie lesen «Das Kapital» von Marx, abonnieren die sozialistische Zeitschrift «Die neue Zeit». Vielversprechende Anfänge als Maler bricht Jordi abrupt ab, da es ihm nun unmöglich scheint, «bourgeoise Kunst zu machen». Im väterlichen Betrieb wächst Eugen in die Berufe des Druckers und Setzers hinein, ohne eine ordentliche Lehre zu machen. Als es für die Jordi-Söhne an der Zeit ist, die Druckerei zu übernehmen, schicken sie Eugen 1915 an die «Münchner Lehrwerkstätten», wo er Grafik studieren soll – als Grafiker und Illustrator bringt er neuen Schwung in die Druckerei. 1921 heiratet er Emma Wägli, zwei Kinder kommen zur Welt. 1927 zieht die Familie nach Kehrsatz, wo Jordi nun als selbstständiger Grafiker eine beachtliche Karriere beginnt: Er entwirft Briefmarken, gestaltet Pavillons an der Landi 1939, wird Lehrer an der Berner Kunstgewerbeschule.
30 Jahre nach seinen jugendlichen Anfängen, beginnt Jordi wieder zu malen. Erste Bilder werden 1941 an der Nationalen Kunstausstellung in Luzern gezeigt. Die drei Freunde Emil Zbinden, Eugen Jordi und Rudolf Mumprecht wachsen in diesen Jahren zu einem «Künstlerkollektiv» zusammen, für das neu erbaute Schulhaus Wylergut entwickeln sie ein Konzept mit drei Wandmalereien: Jordi und Zbinden gestalten ein Bild-Alphabet mit Tieren und Menschen verschiedener Ethnien, damals eine kaum hinterfragte Sichtweise, die jedoch 2019 eine Kontroverse über Rassismus auslöst. Das Fresko wurde inzwischen abgenommen und dem Bernischen Historischen Museum übergeben.
1951 bis 1953 zeichnen und malen die drei Freunde jeden Sommer auf der Staudamm- Baustelle auf Oberaar und schaffen damit ein monumentales Zeitdokument. Immer weiter vertieft sich der Realist Jordi als Maler, Lithograf und Zeichner in sein grosses Thema des Alltagsmenschen: Das Drittklass-Abteil im Zug, das Gedränge in den Berner Lauben, Baustellen, Arbeiter und Bauern – in der stets etwas russigen Textur seiner Bilder offenbart sich seine standhafte gesellschaftliche Orientierung, noch klingt der frühe Impuls an, den der Bruder aus Brandenburg mitgebracht hatte.